Wagenfeld. Zur 47. Ausstellung seit 2007 im Dienstleistungszentrum (DLZ) in Wagenfeld wurde es bunt. Bunt, vielfältig in Genres, Ausdruck und Ausprobieren. Ein bisschen psychodelisch, entrückt und fokussiert.
Mit der neuen Ausstellung der drei Malerinnen Rosi Messer, Dörte Reineke und Katja Müller erstrahlt das DLZ im bunten Gewand. „Alles so schön bunt hier“ kam am Donnerstagabend von Carsten Falldorf. Das ist eigentlich der Rockröhre Nina Hagen und ihrem Kultsong „Ich glotz TV“ (1978) mit Refrain „Ist alles so schön bunt hier“ zugeordnet. Falldorf begrüßte die zahlreichen Gäste auch von weiter her als Pate der Ausstellung: „Da fällt mir gleich „Der Pate“ und Al Pacino ein. Echt düster, aber Clown wäre auch blöd.“ Falldorf ist nicht zu überhören, er braucht kein Mikrofon, ist immer für Scherze gut nach der Arbeit, denn er ist Laienspieler auf der Freilichtbühne. „Es ist bunt, und es ist Kunst. Und Kunst kommt von Können und nicht von Wollen, denn hieße es ja Wunst.“
Brunhild Buhre als Vorsitzende des Vereins „Kunst in der Provinz“ warb im Forum für den Verein, der so vielfältige Künstler parat hielte aus den Landkreisen Verden, Oldenburg, Cloppenburg, Diepholz, Nienburg, Minden-Lübbecke und Bremen. „In Sachen Computeranimation und Videokunst haben wir noch wenige“ ihr Appell.
„Das DLZ in Wagenfeld ist ein verlässlicher Partner, um Künstler aus der eigenen Nische heraus zu präsentieren.“ Dörte Reineke und Rosi Messer seien im Vorstand des Vereins und Reineke im Fokus bei der Wahl im nächsten Jahr für einen leitenden Posten. Katja Müller sei das Nesthäkchen und mit ihren 22 Jahren überaus aktiv: „Bereits mit 18 Jahren hat sie an Ausstellungen teilgenommen und ist seit 2015 im Verein“ wusste Michael Messer.
Was die drei ausstellenden Künstlerinnen aus Bassum eint und unterscheidet, das hatte er als Laudator herausgefunden und beschrieb es den Besuchern. „Die drei eint: Alle wohnen in Bassum, alle sind weiblich, alle sind Laien, lieben Farbe und lassen sich nicht Stilmäßig festlegen.“ Die Unterscheidungen lieferte er für jede einzeln. „Rosi lernte bei Britta Gansberg und in Öl bei Gary Westall. Rosis Fotografien sind aus dem Moment heraus.“ Gansberg war Gast und hat selbst wie auch Gary Westall im DLZ ausgestellt. Messer ist gelernte Cytoassistentin. Für ein Bild mit Künstlerin und „Lieblingsstück“ schlendert sie zu dem Bild „Frau K.“, einem Portrait einer Frau mit wallendem Haar, einer Mischung zwischen Meerjungfrau in Pfauengewand und Putten-artigem Gesicht. „Mich hat der Maler Gustav Klimt dabei inspiriert. Aber ich äffe nie nach, ich setzte die Idee in meine Form um.“
„Kunst ist für mich Ausgleich“ sagte Reineke über die Entstehung ihrer Werke. „Ich bin gelernte PTA, arbeite heute aber in der Landwirtschaft und bin Hausfrau.“ Letztes verschluckt sie leise, obschon der Beruf zu denen gehört, der viel zu schlecht, wenn gar nicht, entlohnt wird und ungleich mehr abverlangt. Beim Rundgang später wurde deutlich, wieviel Reineke aus dem Alltäglichen schöpft und es meist abstrakt und mit Mut zur Farbe umsetzt, dem Leben ihren farbigen Stempel aufdrückt. Im Vorstand arbeitet sie bereits seit 2008. Ihre Werke sind meist homogen in der Einzelfarbe und entlocken dem Betrachter seine Fantasien. Bei Katja Müller sind nicht nur die Haare grün. Die junge Künstlerin startet gerade richtig durch. „Ich mache gerade eine Ausbildung zur Tätowiererin und manchmal arbeite ich als Bäckerin.“ Kaum vorstellbar wie kreativ und positiv „verrückt“ wohl Torten von ihr aussehen. Einen Einblick in ihr Schaffen hängt im DLZ. Wer sich mit dem Gedanken trug, sich tätowieren zu lassen, konnte sicher sein, dass die Motive auch auf Haut gelingen. Psychodelisch im Gesamtausdruck sitzt eine Eule im Meer von Farbe und Formen, Müller ist gedanklich im Kosmos, in Europa, auf dem Meeresgrund bei den Korallen und in der Natur unterwegs. Letztere erhält von ihr einen knallbunten Anstrich. „Katja nahm am „Farbflut Urban Arts Festival Lemwerder 2018 teil“ erläuterte Messer. Das sei eine ein Kilometer lange Mauer für Kunst. „Von ihr werden wir sicher noch viel sehen und hören“, ergänzte beim Rundgang ein Gast. Vermutlich verweilte Carsten Falldorf etwas länger vor einem ihrer Bilder in „Technicolor“ Praxis, als er befand: „Alles so schön bunt hier.“
Text & Bilder: Simone Brauns-Bömermann, Quelle: Kreiszeitung vom 28.09.2019